Das Reisejahr 2020 sollte etwas Besonderes werden. Bereits am 2.1. buchte ich eine Überfahrt von Rostock nach Klaipeda, denn die große Sommerreise sollte nach Lettland und Estland gehen. Weil der Transit durch Polen mit ca. 1000 km langwierig und langweilig ist, die Autobahn ist noch nicht fertig, wollten wir in 25 Stunden per Schiff die Anreise nach Litauen unternehmen. Von da aus ist es nur eine Stunde bis nach Lettland. Früh buchen sichert Plätze. Aber der Mensch denkt und Gott lacht, eigentlich sollte ich gerade jetzt durch Lettland reisen und nicht zu Hause am Computer sitzen. Wir alle wissen, warum.
Im Frühling sollte mich der Weg ins Allgäu führen. Immer an den Alpen entlang, dann zum Bodensee.
Im März wurde ich, wie alle anderen auch, ausgebremst. Der Lockdown ließ mich in eine Schockstarre verfallen. Nichts wurde es mit der Osterreise. Dennoch hatte ich Hoffnung, dass es mit der Reise ins Baltikum etwas werden würde. Ende August war ja noch lange hin. Erst einmal genoss ich die leeren Strände und die leeren Straßen, fühlte mich zuweilen wie ein privilegierter Urlauber im eigenen Land. Dann kam der 25. Mai! Schlagartig füllte sich das Dorf, sicherlich zur Freude aller, die vom Tourismus leben. Die Zahl der Touristen nahm kontinuierlich zu. Leider besuchten uns auch viele, die es normalerweise nicht hierher verschlägt. Eigentlich wollten sie ja auch gar nicht hierher. Bestimmt gab es eine Reihe Menschen, die unsere schöne Landschaft lieben lernten. Andere hingegen waren doch ein wenig unzufrieden: nichts los, Dorf eben. Sie jagten mit ihren Rädern in wilder Hatz die Fußgänger. Man lernte wieder geschwind an die Seite zu springen. Am Strand wurden Unmengen Müll hinterlassen, hinter jedem Busch parkten Autos. So gefiel mir mein Dorf nicht mehr. Ich sann auf Abhilfe: bloß weg hier!
Schließlich entschied ich mich dazu, „um die Ecke“ nach Bornholm zu fahren. Einen halben Tag Fahrt und man war da. Trotz eingeschränkter Kapazitäten gelang es mir, sowohl einen Fährplatz als auch einen Stellplatz auf einem Campingplatz nahe Rönne zu ergattern.
Am 21. Juli ging es los. Nach dem Frühstück geruhsam nach Mukran. Dort nahm uns die Fähre am späten Vormittag auf. Auf dem Schiff keine Maskenpflicht, aber Abstand halten und desinfizieren. Die Passagiere verliefen sich, das Wetter machte es möglich, die Fahrt an Deck zu genießen.
Nach drei Stunden zwanzig Minuten erreichten wir Rönne. Im Hafen erwarteten uns eine Menge Polizisten, die kontrollierten, ob wir für mindestens 6 Tage eine Unterkunft nachweisen konnten.Dann ging es zum Campingplatz, den wir in 10 Minuten erreichten. Hier war alles automatisiert. Uns wurde elektronisch ein Platz zugestanden und eine Pin zugewiesen, mit der wir alle Servicemöglichkeiten in Anspruch nehmen konnten. Einen Stellplatz suchten wir uns selbst, achteten auf einen Abstand von 3 Metern in alle Richtungen, aus Feuerschutzgründen. Schnell hatten wir uns eingerichtet. Nun wollten wir aus Bequemlichkeit einen kleinen Mietwagen für eine Woche mieten. So hätten wir nicht kramen und räumen müssen, wenn wir Ausflüge machen wollten. Aber oh weh, kein Erfolg. Die eine Firma hatte alle Fahrzeuge verliehen, und die andere hatte eine Altersgrenze von 65 Jahren. Da spielt es keine Rolle, ob man ein relativ großes Wohnmobil durch die Lande steuert, für ein kleines Mietfahrzeug reicht es nicht mehr. Na gut, so ist es eben. Meinen Freunden, die beide Fluglehrer sind mit ihrem eigenen Fluggerät angereist und es ging ihnen genauso.
Wir besannen uns also auf unsere Fahrräder und benutzten sie fleißig in der Umgebung. Die weiter weg liegenden Ziele steuerten wir mit dem Womo an. Es wurden eben mehrere je Ausflug angefahren. Letztlich war das ebenso gut, zumal wir bequem eine Mittagspause einlegen konnten. Unser Stellplatz blieb uns erhalten. Der Vorzeltteppich, Tisch und Stühle, Fahrräder und Fußmatte signalisierten: dieser Platz ist besetzt.
Wir kannten Bornholm von früheren Reisen, aber man kann immer wieder etwas Neues entdecken und mit Zeit auch Ecken aufsuchen, die man bisher ausgelassen hat.
Am schönsten fanden wir, dass die Menschen auf der Insel schon vor 50 Jahren beschlossen hatten, die Fremdenbetten auf 40 000 zu begrenzen, also nicht mehr Besucher als Einheimische. Das schafft eine Ruhe und Besinnlichkeit, die man bei uns im Sommer sucht. Nirgendwo gab es Gedränge oder Menschenmassen. Sogar auf Hammershus, der meistbesuchten Sehenswürdigkeit, waren zwar die Parkplätze ziemlich voll, aber ansonsten verlief es sich.
Unser Campingplatz erwies sich als Geheimtipp. Er war nicht so beliebt, weil es anderswo CPs gab an den riesigen Sandstränden im Südosten der Insel. Da wir keine Strandlieger sind, fanden wir es nicht schlimm. Im Gegenteil, wir entdeckten 5 Minuten entfernt einen zwar relativ schmalen aber dafür langen Strand. Er wurde seitlich begrenzt von einem wunderschönen Naturschutzgebiet. Ich ging morgens nach dem Frühstück mit dem Hund – kein Problem in Dänemark – an den Strand zum Schwimmen. Für den Rückweg wählte der Hund den Weg durch den Wald. So hatten wir beide einen schönen Tagesbeginn. Und es gab keine Mücken!
Corona war kein großes Thema: es gab keine Maskenpflicht. An jedem Gebäude mit Publikumsverkehr wies ein Schild darauf hin, wie viele Menschen sich dort gleichzeitig aufhalten durften. Es gab überall Desinfektionsmittel, und die Menschen hielten rigoros Abstand – überall. Ich traf niemanden an, der sich nicht an die Regeln hielt.
Diese „Verlegenheitsreise“ erwies sich als perfekter Urlaub. An anderer Stelle habe ich bereits über Bornholm berichtet, die Sehenswürdigkeiten beschrieben. Dieses Mal besuchten wir zum ersten Mal den Wald der Insel, Almindingen, nicht spektakulär, aber sehr schön zu erwandern.
Obwohl die Insel nicht so groß ist, ca. 40 Kilometer lang, und wir sie bereits mehrfach besucht haben, bleiben immer noch neue Ziele zu entdecken. Ich denke, im nächsten Jahr machen wir das noch einmal.
Was der Rest des Jahres uns ermöglicht, müssen wir mal abwarten. In Deutschland gibt es auch noch eine Menge Ziele.
Versuchen wir doch vor allem, gesund zu bleiben.